Gute Arbeit in der Wissenschaft
Großes Interesse: GEW Veranstaltung zu Befristung an Hochschulen
Nachdem im Wintersemester 2022/23 endlich die Präsenzlehre vollständig zurückgekehrt ist und sich auch die Büros der Mitarbeiter*innen wieder füllen, hat auch die GEW im Januar ihr Comeback auf dem Campus der CAU Kiel gefeiert. Mit einer Veranstaltung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz und den GEW-Forderungen an die angekündigte Gesetzesreform.
Unter dem Motto „Dauerstellen für Daueraufgaben“ haben engagierte Kolleg*innen der Fachgruppe Hochschule und Forschung und der GEW Studis eine öffentliche Veranstaltung organisiert, die sich an Beschäftigte der CAU und anderer Hochschulen im Land richtet. Und die Mühe hat sich gelohnt: Mehr als 50 Teilnehmer*innen sind der Einladung gefolgt. Anlass und Thema der Veranstaltung war die angekündigte Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), das Hochschulen und Forschungseinrichtungen weitreichende Sonderbefristungsrechte gegenüber ihren Beschäftigten einräumt.
Inhaltlich begann die Veranstaltung mit einem Vortrag von Stefani Sonntag vom GEW-Hauptvorstand, die nach einer kurzen Bestandsaufnahme zur aktuellen Situation die zentralen Forderungen der GEW für eine umfassende Reform des WissZeitVG vorstellte. Im Anschluss gaben Vertreter*innen des örtlichen Personalrates interessante Einblicke in die (Befristungs-) Situation an der CAU. Abgerundet wurde das Programm durch einen Impuls der Kolleg*innen von TVStud Schleswig-Holstein, die in den letzten zwei Jahren die Organisierung von studentischen Hilfskräften an Hochschulen beeindruckend vorangebracht haben und einige politische Erfolge vorweisen können. Schließlich wollen wir genau das: Beschäftigte an Hochschulen organisieren und Druck auf den Gesetzgeber ausüben. Im Anschluss an die Vorträge standen die Referent*innen den Beschäftigten noch für Fragen und eine angeregte Diskussion zur Verfügung, an der sich viele Teilnehmende, trotz weit fortgeschrittener Zeit, beteiligten.
Dass die hohen Befristungsquoten und ihre weitreichenden Folgen das Thema der Stunde für Wissenschaftler*innen sind zeigt nicht nur die hohe Beteiligung an der Veranstaltung. Die Evaluation der Bundesregierung zum WissZeitVG und der Hochschulreport Schleswig-Holstein des DGB verdeutlichen, die Abhängigkeit und Unsicherheit, die das Gesetz produziert. Bundesweit sind 84 Prozent aller wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an Universitäten befristet beschäftigt. Die durchschnittliche Laufzeit der Zeitverträge liegt bei 18 Monaten. Auch in Schleswig-Holstein wird Flexibilität mehr geschätzt als gute Arbeitsbedingungen, wie der DGB Hochschulreport belegt: Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen an Universitäten in SH haben durchschnittlich bereits vier befristete Arbeitsverträge bei derselben Universität gehabt, an der Sie immer noch und teils jahrelang tätig sind. Die Anzahl der Verträge hängt dabei stark von der Qualifikationsphase ab. Während der Durchschnitt in der Promotionsphase noch bei durchschnittlich 2,2 Verträgen an derselben Universität liegt, sind nach der Promotion bereits 5,9 Arbeitsverträge. Wissenschaftliche Beschäftigte sind also mit steigender Qualifikation häufiger von wiederkehrender Befristung betroffen. Hinzu kommt die hohe Arbeitsbelastung und unbezahlte Mehrarbeit. All das schafft nicht nur eine große psychische Belastung bei den Kolleg*innen, sondern erschwert auch eine langfristige Familien- und Lebensplanung.
Wir bleiben an dem Thema dran und planen eine ähnliche Veranstaltung auch in Flensburg anzubieten. Darüber hinaus laden wir alle interessierten Kolleg*innen am 16. Februar ab 17 Uhr in das Kieler Gewerkschaftshaus ein um die Arbeit weiterzuführen, sich über geteilte Erfahrungen und Probleme auszutauschen und Wege finden, wie wir sie gemeinsam angehen können. Mehr erfahrt ihr hier.
Die Gelegenheit ist günstig: SPD, Grüne und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag eine Reform des Gesetzes unter dem GEW-Slogan „Dauerstellen für Daueraufgaben“ vorgenommen. Eine Orientierungshilfe für die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes hat die GEW den Koalitionären mit ihrem Wissenschaftsentfristungsgesetz nun geliefert. Mit ihrem Dresdner Gesetzentwurf fordert die GEW in acht Leitlinien unter anderem:
Mit ihrem Dresdner Gesetzentwurf fordert die GEW daher in acht Leitlinien unter anderem:
- Dauerstellen für Daueraufgaben,
- eine verbindliche Entfristungsperspektive für Postdocs,
- eine Regellaufzeit der Verträge von sechs Jahren und
- mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit für die eigene Qualifizierung – statt Dienstleistungen für promotionsfremde Aufgaben.
Außerdem soll die Tarifsperre für Zeitverträge in der Wissenschaft aufgehoben und die im Gesetz enthaltenen Optionen zum Nachteilsausgleich bei Kinderbetreuung, Behinderung oder Beeinträchtigungen durch die Coronapandemie als Rechtsanspruch ausgestaltet werden.
Der vollständige Gesetzesentwurf und Ratgeber für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz, sowie weitere Einblicke in die 11. GEW-Wissenschaftskonferenz gibt es hier.