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Gute Arbeit in der Wissenschaft

"Blaupause" für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz

Unter dem Slogan „Perspektiven für Hanna“ hat die GEW auf der Wissenschaftskonferenz in Dresden vom 21. bis 24. September 2022 ihren Entwurf für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz präsentiert. Ziel ist eine radikale Abkehr vom bestehenden Befristungsmissbrauch: Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindeststandards für Zeitverträge, gleiche Chancen für alle. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll vom Kopf auf die Füße gestellt und zu einem Wissenschaftsentfristungsgesetz weiterentwickelt werden.

Foto: Kay Herschelmann

Befristete Beschäftigung ist Frust. So führt das derzeit geltende Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu Frustration durch die prekäre Beschäftigungspraxis in der Wissenschaft. Dies zeigt neben den repräsentativen Ergebnissen des Hochschulreport Schleswig-Holstein des DGB auch ein Workshop bei der Wissenschaftskonferenz in Dresden. Kettenbefristungen und unsichere Karrierewege belasten nicht nur die private und familiäre Situation der Betroffenen. Sie führen auch zu Abhängigkeitsbeziehungen im akademischen Alltag. Machtmissbrauch und eine Kultur der Angst sind nicht selten die Folgen. Unbezahlte Mehrarbeit, Diebstahl geistigen Eigentums und sogar Drohungen, Beleidigungen und sexualisierte Gewalt, und sind Ausdruck des oft tabuisierten Fehlverhaltens von Führungspersonen.

So sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der GEW, Andreas Keller: „Die Befristungspraxis ist zum Selbstzweck geworden“. Heute seien 84 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten befristet beschäftigt, die durchschnittliche Laufzeit der Zeitverträge liege bei nur 18 Monaten. Der Einblick in Drangsalierungen und Demütigungen mache einmal mehr deutlich, wie wichtig eine umfassende Reform des geltenden Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) ist. Die Gelegenheit ist günstig: SPD, Grüne und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag eine Reform des Gesetzes unter dem GEW-Slogan „Dauerstellen für Daueraufgaben“ vorgenommen. Eine Orientierungshilfe für die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes hat die GEW den Koalitionären mit ihrem Wissenschaftsentfristungsgesetz nun geliefert. Mit ihrem Dresdner Gesetzentwurf fordert die GEW in acht Leitlinien unter anderem:

Mit ihrem Dresdner Gesetzentwurf fordert die GEW daher in acht Leitlinien unter anderem:

  • Dauerstellen für Daueraufgaben,
  • eine verbindliche Entfristungsperspektive für Postdocs,
  • eine Regellaufzeit der Verträge von sechs Jahren und
  • mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit für die eigene Qualifizierung – statt Dienstleistungen für promotionsfremde Aufgaben.

Außerdem soll die Tarifsperre für Zeitverträge in der Wissenschaft aufgehoben und die im Gesetz enthaltenen Optionen zum Nachteilsausgleich bei Kinderbetreuung, Behinderung oder Beeinträchtigungen durch die Coronapandemie als Rechtsanspruch ausgestaltet werden.

Ob eine wirksame Reform des WissZeitVG hin zum von der GEW konzipierten Entfristungsgesetz durchgesetzt werden kann, ist nicht nur eine Frage der besseren Argumente, sondern ob sich die Betroffenen im kommenden Wintersemester zu Wort melden. Das war Tenor eines Panels mit Aktivistinnen und Aktivisten, die im letzten Jahr mit dem Hashtag #IchBinHanna in sozialen Medien wie Twitter für Furore gesorgt hatten.

Der vollständige Gesetzesentwurf und Ratgeber für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz, sowie weitere Einblicke in die 11. GEW-Wissenschaftskonferenz gibt es hier.