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DGB Hochschulreport

Befristung, Mehrarbeit und Zukunftssorgen an Schleswig-Holsteins Hochschulen

Der Hochschulreport des DGB für Schleswig-Holstein bestätigt noch einmal eindrucksvoll die schlechten Arbeitsbedingungen unter denen wissenschaftliche Mitarbeiter*innen an den Hochschulen im Land ihre Arbeit leisten müssen. Der Report untermauert die zahlreichen Berichte von GEW-Kolleg*innen im wissenschaftlichen Dienst mit repräsentativen Zahlen. Vor allem unbezahlte Mehrarbeit und befristete Verträge belasten die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen.

Bereits der DGB-Hochschulreport 2020 hat deutlich gemacht, dass die Arbeitsqualität für Wissenschaftler*innen an deutschen Hochschulen deutlich geringer ist als die Arbeitsqualität von Akademiker*innen in Deutschland insgesamt. Die Zahlen für Schleswig-Holstein, die ebenfalls aus der Erhebung des DGB im Herbst/Winter 2019 stammen, bestätigen dieses Ergebnis. Die Arbeitsqualität von Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen (WiMis) in Schleswig-Holstein erreicht im DGB-Index für Gute Arbeit einen Gesamtwert von 55 und erreicht damit eine Platzierung im unteren Mittelfeld. Damit liegt die Qualität der Arbeit von WiMis an Hochschulen in unserem Land deutlich unter der Qualität der Arbeit in der Vergleichsgruppe „Akademiker*innen in Deutschland“, die einen Gesamtindexwert von 65 erreicht und im oberen Mittelfeld liegt.  Besonders auffällig ist der Qualitätsunterschied der Arbeitsbedingungen von Wissenschaftler*innen an Hochschulen und Akademiker*innen allgemein bei den Teilindizes Arbeitsbelastung (48) und Einkommen (50), in dem auch die Beschäftigungssicherheit berücksichtigt wird. 

Hohe Arbeitsbelastung und unbezahlte Mehrarbeit

Die WiMis kritisieren hinsichtlich der Arbeitsbelastung besonders die Arbeitszeitlage (Indexwert 48) und die Arbeitsintensität (Indexwert 30), deren Indexwerte damit im Bereich von „schlechter Arbeit“ liegen. Ursache hierfür sind die langen tatsächlichen Arbeitszeiten von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, die häufig auch abends, nachts und am Wochenende arbeiten müssen und die vielen unbezahlten Überstunden. Ein Blick auf die geleistete Arbeit der WiMis erklärt das schlechte Abschneiden bei der Arbeitsintensität. Die durchschnittliche vertragliche Wochenarbeitszeit der WiMis beträgt 31,7 Stunden, während die durchschnittliche tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit bei 39,3 Stunden liegt. Damit arbeiten WiMis in Schleswig-Holstein wöchentlich 7,6 Stunden länger, als im Arbeitsvertrag festgelegt. Dabei gilt grundsätzlich: Je kürzer die vertraglich festgelegte Arbeitszeit, desto mehr unbezahlte Mehrarbeit wird von den WiMis erwartet. Die Zahl an geleisteten Überstunden ist bei WiMis mit befristeten Verträgen ist mit 8,4 Stunden besonders hoch. Der größte Anteil der geleisteten Überstunden entfällt dabei auf Beschäftigte in Qualifizierungsstellen, die im Durchschnitt jede Woche 13 Stunden länger arbeiten als vertraglich vereinbart.

Die Zahlen belegen deutlich, dass die Anforderungen und Aufgaben, die den WiMis aufgebürdet werden nur selten in der Arbeitszeit zu schaffen sind, für die sie auch bezahlt werden. 84 Prozent aller Befragten nennen die anfallende Arbeitsmenge als Grund für die geleistete Mehrarbeit. Dass diese Mehrarbeit nicht immer freiwillig erfolgt, zeigt die hohe Anzahl der WiMis, die angeben, dass diese Mehrarbeit von ihnen erwartet wird (45 Prozent). Mehrarbeit wird offensichtlich vor allem bei WiMis mit befristetem Arbeitsvertrag vorausgesetzt. 48 Prozent der befristeten WiMis geben an, dass Mehrarbeit von Ihnen erwartet wird, während es bei unbefristet beschäftigten nur rund 24 Prozent sind.

85 Prozent der befragten WiMis sind befristet

Insgesamt waren zum Zeitpunkt der Befragung 85 Prozent der Teilnehmenden wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen befristet angestellt. Die Angestellten in Technik und Verwaltung waren lediglich 18 Prozent befristet beschäftigt. 

Das führt dazu, dass die wissenschaftlichen Beschäftigten sich von einem Vertrag zum anderen hangeln. Die Befragten WiMis haben im Durchschnitt bereits vier befristete Arbeitsverträge bei derselben Universität gehabt, an der Sie immer noch und teils jahrelang tätig sind. Die Anzahl der befristeten Verträge hängt dabei stark von der Qualifikationsphase ab, in der sich die WiMis befinden. Während der Durchschnitt in der Promotionsphase noch bei durchschnittlich 2,2 Verträgen an derselben Universität liegt, sind es bei WiMis in der Postdoc-Phase bereits 5,9 Arbeitsverträge. Wissenschaftliche Beschäftigte sind also mit steigender Qualifikation häufiger von wiederkehrender Befristung betroffen. Das schafft nicht nur eine große psychische Belastung bei den Kolleg*innen, sondern erschwert auch eine langfristige Familien- und Lebensplanung.

Insbesondere die psychische Belastung durch wiederkehrende Befristung und das Fehlen von planbaren Karrierewegen für Wissenschaftler*innen an Hochschulen wird durch den Hochschulreport belegt. 39 Prozent der Befragten geben an, sich „sehr häufig“ Sorgen um ihre berufliche Zukunft zu machen, bei weiteren 39 Prozent ist dies zumindest „oft“ der Fall. Bei befristeten WiMis sind es insgesamt nur 10 Prozent. Damit ist Befristung die häufigste Ursache für Sorgen um die eigene berufliche Zukunft unter wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen.

Der Hochschulreport für Schleswig-Holstein macht noch einmal deutlich: Die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Personals an unseren Hochschulen muss sich dringend und deutlich verbessern. Die Jamaika Regierung hat die Chance dafür, trotz Hochschulgesetzesnovelle, leider verpasst. Die Zahlen des Hochschulreports muss die zukünftige Landesregierung alarmieren. Die Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Beschäftigten müssen verbessert werden. Unsere Hochschulen und ihr Personal brauchen Dauerstellen für Daueraufgaben!

Der vollständige Hochschulreport kann hier heruntergeladen werden.

Kontakt
Lasse Hechmann
Referent für Mitgliederwerbung, Mitgliederbindung, Junge GEW, Hochschule und Forschung
Telefon:  0431 5195131