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Kinder- und Jugendgewalt

Gewaltprävention verschlafen - GEW für mehr Personal und bessere Verzahnung

Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und Erzieher*innen fühlen sich mit dem Problem der Kinder- und Jugendgewalt allein gelassen. Beim Fachgespräch im Landtag sprach sich die GEW für mehr Personal und bessere Verzahnung aus.

Kiel - Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und Erzieher*innen: sie alle fühlen sich mit dem Problem der Kinder- und Jugendgewalt allein gelassen. Darauf wies Katja Coordes, Vorstandsmitglied der Bildungsgewerkschaft GEW, beim Fachgespräch im Schleswig-Holsteinischen Landtag am 15. März 2024 in Kiel hin. Sie sprach sich für mehr Personal und eine bessere Verzahnung aller mit diesem Thema befassten Institutionen inklusive offener Jugendarbeit, Polizei und Jugendgerichtsbarkeit aus.

Gewalt wachse auf dem Boden sozialer Ungerechtigkeit. Insofern könne die Zunahme von Kinder- und Jugendgewalt niemanden wirklich überraschen. Schließlich nähmen Armut und die damit verbundene gesellschaftliche Spaltung zu, sagte Katja Coordes. „Deshalb müssen Politik und Gesellschaft mehr tun, um Kinder und Jugendliche vor Gewalt in der Familie zu schützen. Sie müssen ihnen zudem Perspektiven bieten und einen Schulabschluss ermöglichen. Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien bedürfen einer besseren Förderung, damit sie an der Gestaltung der sozialen Gemeinschaft mitwirken können.“

Die GEW fordert bereits seit vielen Jahren, die beteiligten Erziehungs- und Bildungsinstitutionen (Kindertagesstätten, Schulen, berufliche Ausbildungsstätten, offene Jugendarbeit und Jugendhilfe) sowie die staatlichen Ordnungsinstanzen (Polizei, Justiz) personell so auszustatten und zu qualifizieren, dass extremer Jugendgewalt vorgebeugt werden kann. „Politik und Gesellschaft haben es jedoch jahrelang verschlafen, das Thema Jugendgewalt präventiv anzugehen. Schulen und Kindertagesstätten erhielten eben nicht ausreichend Personal, Zeit und Geldmittel, um erfolgreich Präventionsmaßnahmen durchführen zu können. Das sollte alles nebenbei gehen. Nun scheint bewiesen: Das hat nicht funktioniert“, kritisierte die Gewerkschafterin.

Und fuhr fort: „Es reicht eben nicht, 2009 einen Notfallwegweiser zu veröffentlichen und 15 Jahre lang zu denken: Klappt schon! Das umso weniger, weil die sozialen Medien damals noch eine viel geringere Rolle gespielt haben.“ Ebenso wenig helfe es, ein Gewaltmonitoring an Schulen zu etablieren und Zahlen zu sammeln, zumal hier sicher nur die extremen Fälle landeten. Die kleinen alltäglichen Situationen, die Schulen und Kindertagesstätten in ihrem Alltag nebenbei irgendwie mit vorhandenen Bordmitteln meistern müssten, würden hier sicher nicht erfasst.

In der Realität von Schule müssten häufig zuerst Konflikte geklärt werden, bevor an eine Arbeit in einem Unterrichtsfach überhaupt erst zu denken sei, berichtete Katja Coordes. Es fehle an Unterstützungssystemen und ausreichender Ausstattung mit Schulsozialarbeit oder Lehrkräften in der Doppelbesetzung. „Was nützt Kindern und Jugendlichen eine Stunde mehr Deutsch oder Informatik, wenn sie in der Schule, zu Hause oder auf dem Weg dorthin Gewalterfahrungen machen müssen?“, fragte sie. „Wir müssen doch versuchen, mit allen Mitteln zu verhindern, dass sie zu Opfern von Gewalt oder zu Täter*innen werden.“