InterTeach
Eine Chance für internationale Lehrkräfte
2019 startete das Programm „InterTeach“ an der Europa-Universität Flensburg und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Aus dem Ausland stammende, ausgebildete Lehrkräfte können sich hier für den Schuldienst nachqualifizieren. Wir geben einen Überlick.
Die Teilnehmer*innen absolvieren hierfür in ausgewählten Fächern des besonderen Bedarfs eine bis zu 1,5 Jahre lange Ausbildung an den Universitätsstandorten in Kiel oder Flensburg und besuchen im Anschluss daran einen verkürzten Anpassungslehrgang. Mit dieser Ausbildung können sie anschließend in Schleswig-Holstein im Angestelltenverhältnis in den Schuldienst eintreten. Die GEW begrüßt die Möglichkeit, dass migrierte Kolleg*innen in Schleswig-Holstein in den Schuldienst gelangen können. Das war bisher für viele Kolleg*innen aufgrund der erschwerten Voraussetzungen nur in Ausnahmefällen möglich. „InterIeach“ ist nicht nur eine Chance, dem Lehrkräftemangel entgegenzutreten, sondern ermöglicht es, dass sich die in vielen Schulen gelebte Diversität nun auch im Lehrerzimmer widerspiegelt. Das Programm unterstützt unsere gewerkschaftlichen Forderungen in Bezug auf Chancengleichheit und Abbau von struktureller Diskriminierung sowie der Forderung nach mehr Aufmerksamkeit an Schulen für interkulturelle Bildung und Erziehung. Die GEW wird das „InterTeach“-Programm unterstützen und sich dafür einsetzen, dass es ausgebaut wird.
Unsere Kollegin Dana Gora vom Landesausschuss für Migration, Diversität und Antidiskriminierung hat Prof. Dr. Monika Eigmüller, die Vizepräsidentin für Europa und Internationales der EUF zum Projekt interviewt:
Dana Gora (DG): Wann hat das Programm InterTeach begonnen?
Prof. Dr. Monika Eigmüller (ME): Für uns startete das Programm tatsächlich mit der Bewerbung Ende 2019, für die Teilnehmer*innen begann es mit Ihrer Sprachausbildung, die im Mai 2020 anlaufen konnte.
Allerdings verwirklichen wir mit dem Programm einen Plan, den wir an der EUF schon recht lange verfolgen und für den ich in der Landespolitik schon vor einigen Jahren geworben habe. Insofern bin ich sehr froh, dass die Landesregierung nun die Umsetzung dieses wichtigen Projekts ermöglicht!
(DG): Wie wurde das Programm beworben, wie treten Sie an die migrierten Lehrkräfte heran?
(ME): Wir haben verschiedene Wege gewählt, um auf das Programm aufmerksam zu machen. Zum einen gibt es ein Netzwerk der Standorte, an denen vor allem Flüchtlinge mit einer Ausbildung für den Lehrerberuf weiterqualifiziert werden, zum anderen haben wir über unser Flüchtlingsprogramm ProRef ein eigenes Netzwerk an Kontakten – sowohl zu Multiplikator*innen als auch zur Zielgruppe selbst. Schließlich verfügt das Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung (ZfL) über ein Netzwerk zu allen ZfL und Schools of Education. Zusätzlich haben wir auch noch über die Presse und Social-Media-Kanäle geworben. Über alle Wege erreichten uns Anfragen.
(DG): Gibt es auch Kurse für die weitere Sprachentwicklung der Teilnehmer*innen?
(ME): Das Sprachstudium ist neben dem Fachstudium eine tragende Säule des InterTeach-Programms und begleitet die Teilnehmer*innen über die gesamte Programmdauer hinweg. Es werden Sprachkurse bis hin zum muttersprachlichen Niveau (C2) angeboten. In diese Sprachkurse integrieren wir zahlreiche lehramtsspezifische Elemente, insbesondere Module zum szenariobasierten Lernen, und wir entwickeln zusammen mit den Kieler Kolleg*innen eine neuartige „Deutschprüfung C2 für den Lehrberuf“. Darüber hinaus bieten wir fachsprachliche Tutorien durch erfahrene Studierende an und stellen so eine Verzahnung zwischen dem Sprach- und Fachstudium her.
(DG): Wie sind die Anmeldezahlen?
(ME): Unsere breite Bewerbung hat sich ausgezahlt: Bei uns in Flensburg haben sich sage und schreibe 117 Personen gemeldet und 57 davon beworben. Wir haben aus diesen Bewerbungen 14 Personen eingeladen, sich einer individuell zusammengesetzten Auswahlkommission vorzustellen. Aus diesen Vorstellungen haben wir schließlich 10 Personen ausgewählt, die gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme mitbringen. Unser Programm läuft ja bis 2024. So besteht für weitere Interessenten noch mehrmals die Möglichkeit, sich für das Programm zu bewerben.
(DG): Ist für die Zukunft geplant, dass auch Kolleg*innen ohne Mangelfach die Chance haben, in den Schuldienst zu gelangen?
(ME): Bislang reichen die Mittel für die finanziell recht aufwändige Qualifizierung nur für ein Angebot in den Mangelfächern. Aber natürlich wäre es schön, könnten wir das in der Zukunft auch für andere Fächer ausbauen – schließlich ist es insgesamt anzustreben, Schulen auch hinsichtlich des Lehrkörpers diverser zu gestalten.
(DG): Gibt es für die Teilnehmer*innen Finanzierungsmöglichkeiten für den Lebensunterhalt und die Deckung der Ausgaben im Rahmen der Ausbildung?
(ME): Wir versuchen unsere Teilnehmer*innen weitgehend finanziell zu entlasten. Es entstehen ihnen zum Beispiel keine Kosten für die Teilnahme am Programm und an den Prüfungen oder für die Unterrichtsmaterialien. Da die Teilnehmer*innen der ersten Programmrunde als Gasthörer*innen registriert sind, können sie leider kein BAföG beziehen. Eine Finanzierung des Lebensunterhalts ist allerdings durch ALG II oder Asylbewerberleistungen möglich, unsere Studienberatung hilft hier individuell weiter. Durch die Studierendenvertretung können wir erfreulicher Weise den Teilnehmer*innen das landesweite Semesterticket anbieten. Ein herzliches Dankeschön dafür an unseren AStA! Für zukünftige Programmrunden prüfen wir, ob die InterTeach-Teilnehmer*innen den Status als Zertifikatsstudierende und somit eine BAföG-Berechtigung erhalten können.
(DG):Könnte das Programm durch mehr digitale Angebote auch für Kolleg*innen aus entfernteren Kreisen angeboten werden?
(ME): Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir unsere erste InterTeach-Runde mit einem komplett online stattfindenden Sprach-Intensivkurs C1 begonnen und nutzen dafür alle vorhandenen Ressourcen der Universität. Den Teilnehmer*innen, die aus ganz Schleswig-Holstein und auch aus anderen Bundesländern stammen, kommt dies derzeit sehr entgegen, da sie z.T. noch nicht nach Flensburg umziehen konnten. Die Teilnahme am Online-Unterricht ist ihnen aber möglich und bereitet ihnen Spaß. Bei Bedarf stellen wir einen Leihlaptop zur Verfügung.
Da das Sprachstudium aber durch Präsenzunterricht gewinnt, planen wir zukünftig wieder Präsenzmodule. Dann unterstützen wir die Teilnehmer*innen auch bei Umverteilungsanträgen bzw. beim Umzug nach Flensburg. Durch das bereits erwähnte ProRef-Programm besitzen wir gute Kontakte zu den Behörden und ein großes Netzwerk an Kooperationspartner*innen auf dem Wohnungsmarkt. Es sind somit Teilnehmer*innen aus dem ganzen Land herzlich willkommen.
Hinweis: Der Bewerbungszeitraum für das Programm an der Uni Kiel endet am 15.07.2020. Hier finden sich weitere Informationen rund um das Projekt „InterTeach“.