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Tarifrunde Bund und Kommunen

Schwierige Verhandlungen – Respektables Ergebnis

Mit dem Tarifabschluss am 25. Oktober 2020 ging eine Tarifrunde unter sehr schwierigen Bedingungen zu Ende. Der am Ende gefundene Kompromiss mit den darin vereinbarten Gehaltszuwächsen sorgt dabei aber auch für Diskussionen.

Wesentliches Ergebnis der Verhandlungen: Ab 1. April 2021 steigen die Gehälter um 1,4 Prozent, mindestens aber 50 Euro; ab 1. April 2022 nochmal um weitere 1,8 Prozent. Noch im Jahr 2020 erhalten die Beschäftigten eine steuerfreie Corona-Prämie in der Höhe von 300 bis 600 Euro (weitere Details siehe Bild).

Für die GEW ist dies ein „respektables Ergebnis in dieser schwierigen Corona-Zeit“. Obwohl die prozentualen Erhöhungen hinter der ursprünglichen Forderung zurückbleiben. Obwohl die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, natürlich auch in der Kinder- und Jugendhilfe, eigentlich mehr verdient hätten.

Für die Gewerkschaften war immer klar: Die enormen Kosten der Corona-Krise dürfen nicht zu Lasten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gehen. Die Arbeitgeber ihrerseits haben immer wieder deutlich gemacht, dass sie für Lohnsteigerungen überhaupt keinen Spielraum sehen. Stattdessen haben sie öffentlich Nullrunden gefordert.

Dabei sind die Beschäftigten in Kitas und auch im übrigen Sozial- und Erziehungsdienst in der Corona-Krise gefordert wie nie. Nicht umsonst sind wir als GEW mit dem Slogan „Klatschen reicht nicht!“ in die Tarifrunde gegangen. Der am Ende gefundene Kompromiss verlangt nun aber beiden Seiten einiges ab.

Zum einen den Kommunen: Denn natürlich stehen viele Kommunen aufgrund der Corona-Krise unter sehr großem finanziellem Druck. Wir werden uns deshalb darauf einstellen müssen, uns in naher Zukunft gegen drohende Streichungen oder Verschlechterungen – z.B. bei der Qualität der frühkindlichen Bildung, der Schulsozialarbeit oder dem Ganztag – zu wehren.

Zum anderen aber auch den Beschäftigten: Wie gesagt, natürlich haben wir uns ein besseres Ergebnis gewünscht. Eure Arbeit ist gerade in der Krise mehr wert! Unsere Forderungen waren richtig – unsere Aktionen wichtig. Die Beschäftigten – darunter viele GEW-Mitglieder – haben in Warnstreiks und kreativen Aktionen deutlich gemacht, dass gewerkschaftlicher Protest auch in einer sehr schwierigen Situation möglich ist. In Schleswig-Holstein hatten wir zwei sehr erfolgreiche Warnstreiktage, an denen sich viele von euch beteiligt haben. Vielen Dank für euren Einsatz, denn dieser Protest hat gewirkt! Die Arbeitgeber haben ihre absolute Blockadehaltung aufgeben müssen. Nur durch die bunten Aktionen haben wir diesen Kompromiss erzielen können.

Am Ende war schlichtweg nicht mehr drin. Und die rasant steigenden Infektionszahlen Ende Oktober haben sicherlich nicht zur Steigerung unserer Durchsetzungsfähigkeit beigetragen. Weitere Aktionen, wie wir sie in Schleswig-Holstein auf die Beine gestellt haben, waren kaum mehr vorstellbar.

Mit der sogenannten Pflegezulage ist es den Gewerkschaften  gelungen, für eine lange geforderte und gerade heute dringend notwendige finanzielle Aufwertung der Beschäftigten in Krankenhäusern zu sorgen. Der Tarifabschluss setzt hier einen wichtigen Akzent. Das heißt aber natürlich nicht, dass nicht auch in anderen Bereichen Verbesserungen dringend notwendig sind.

Die GEW kämpft seit Jahren für die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes. Wir haben in den Tarifrunden 2009 und 2015 große Fortschritte erkämpft. Hieran gilt es anzuknüpfen, wenn die durch Corona unterbrochenen Verhandlungen über die Eingruppierung fortgeführt werden.

Viel zu tun gibt es ebenfalls bei der Qualität der frühkindlichen Bildung. Das Kita-Gesetz etabliert zwar grundsätzlich die zweite Fachkraft pro Gruppe. Aber nicht wenige Kommunen wollen das neue Kita-Gesetz zur Absenkung von vorhandenen Qualitätsstandards nutzen. Aufgrund des Fachkräftemangels mehren sich außerdem Stimmen, die das Fachkräftegebot und die Ausbildungsstandards lockern wollen. Ihr Ziel scheint die Deprofessionalisierung des Erzieher*innenberufs zu sein. Wir haben viele kleine und große Erfolge bei der Aufwertung der frühkindlichen Bildung erzielt. Die werden wir nicht nur verteidigen, sondern wir werden auch alles daran setzen, die Bedingungen in den Kitas zu verbessern.

Niemand kann heute seriös prognostizieren, wie lange die Corona-Krise noch dauern wird, geschweige denn, welche finanziellen Auswirkungen sie am Ende haben wird. Hoffen wir, dass die Krise schnell vorbeigeht und sich die öffentlichen Finanzen zügig stabilisieren. Aber wir müssen uns wegen der Kosten der Krise auf längere Zeit auf schwierige Verhältnisse einstellen.

Starke Gewerkschaften werden also weiterhin gebraucht. Und das gilt insbesondere dann, wenn die Tarifabschlüsse nicht so hoch wie gewünscht ausfallen.

Kontakt
Philipp Westphal
Referent für Tarifpolitik
Telefon:  0431 5195132