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Oberstufenreform - Wir erwarten deutlich mehr!

Die GEW hat sich von der Reform der Oberstufe in Schleswig-Holstein deutlich mehr erhofft. Und was gar nicht geht: Ausgerechnet im Jahr der politische Bildung wird ebendiese durch die Pläne des Ministeriums geschwächt.

2018 hat das Bildungsministerium die Neujustierung der Profiloberstufe angekündigt. Auch wir halten es für längst überfällig und richtig, die aktuelle Struktur der Profiloberstufe zu überarbeiten. Im Dezember letzten Jahres gab es dazu ein Diskussionspapier. Im Februar haben wir als GEW unsere Kritik geäußert. Jetzt ist der Diskussionsprozess von Seiten des Ministeriums abgeschlossen und das Konzept zur neuen Profiloberstufe an den Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe liegt vor.

Zunächst die positiven Aspekte der Reform. Wir begrüßen die Entscheidung, in Zukunft weniger Fächer auf erhöhtem Niveau fachlich zu vertiefen. Auch die Stärkung des interdisziplinären Arbeitens und das Einräumen von entsprechenden Kapazitäten hierfür erachten wir als sinnvoll. Wir fordern aber eine klarere Struktur für das vorgesehene fächerübergreifende und projektartige Lernen. Wir erwarten Vorschläge und Beispiele von Seiten des Ministeriums, die Oberstufenleitungen und Lehrkräften bei der Gestaltung der Profilseminare unterstützen und eine Orientierung bieten. Bisher ist das interdisziplinäre Seminar organisatorisch kaum vorbereitet. Ähnliches gilt für die verstärkte Berufsorientierung, die im Entwurf vorgesehen ist. Auch bleiben inhaltliche Ziele wie Fachanforderungen, Leistungsnachweise/Notengebung, sowie die Anforderungen an die Unterrichtenden unklar.

Im Jahr der politischen Bildung halten wir es für äußerst fragwürdig, dass im Entwurf die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer gegeneinander ausgespielt werden: Künftig sollen die Schüler*innen in der Q1 zwischen den Fächern Geografie und Wirtschaft/Politik wählen. Dies hat zur Folge, dass zentrale gesellschaftliche Fragestellungen, wie z.B. Migration und Klimawandel oder die Bedeutung der Europäischen Union nicht mehr allen Schüler*innen vermittelt werden. In einer Zeit, die von postfaktischem Denken und populistischen Tendenzen beeinflusst ist, halten wir es für den Erhalt einer lebendigen Demokratie für unverzichtbar, dass sowohl Geographie, als auch WiPo für Schüler*innen obligatorisch sind. Bei einer Strukturreform mit Wechsel auf zwei Fächer mit erhöhtem Niveau wäre dies problemlos abbildbar.

Für die Vorbereitung aller Neuerungen der Profiloberstufe ist der zeitliche Rahmen für die Umsetzung zu knapp bemessen. Lehrkräfte sollten in Fortbildungen, die erst noch konzipiert werden müssen, umfangreich fortgebildet werden. Das dauert. Insgesamt halten wir es für organisatorisch schwierig und äußerst arbeitsaufwändig, einen Großteil der Entscheidungen den Schulen zu überlassen. Schwammige Vorgaben ziehen wieder einmal jahrelanges Tüfteln und Optimieren in Trial-and-Error-Prozessen nach sich und belasten Schüler*innen und Lehrkräfte.

Zu guter Letzt enthält auch dieser Entwurf aus dem Ministerium keine Maßnahmen, um die Arbeitsbelastung von Lehrkräften zu senken. Es fehlen insbesondere Maßnahmen, die die seit Jahren ungleich verteilten Arbeitsbelastungen der Lehrkräfte während der Abiturprüfungen und im Rahmen der Korrektur von Klausuren betreffen. Hier muss es endlich zu einer Entlastung der Lehrkräfte kommen!