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Türkei: Farbe bekennen

Verletzung der Menschenrechte – Angriffe auf das Bildungssystem - Unter diesem Motto gab die GEW Schleswig-Holstein am 07.02.2017 im Kieler Gewerkschaftshaus einen guten Einblick in die aktuelle Situation der türkischen Gesellschaft.

Als Gast begrüßte die GEW dabei die geflüchtete Gewerkschafterin Sakine Yilmaz.

Nach der Begrüßung durch Astrid Henke machte schon der einführende Foto-Beitrag unseres Kollegen Horst Küppers deutlich, dass es bereits vor einem Jahr, noch vor dem Putschversuch gegen die AKP-Regierung, äußerst schwierig und teilweise gefährlich war, sich mit einer Kamera in den türkisch-syrischen Grenzgebieten oder in der Nähe von türkischen Flüchtlingslagern zu zeigen.

In ihrem Vortrag erklärte Sakine Yılmaz, die vor der Verfolgung durch die türkische Regierung geflüchtete Generalsekretärin der Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen, dass die aktuelle Politik der AKP-Regierung schon lange vorbereitet wurde und dass sich die Verfolgung der oppositionellen Kräfte, von ganzen Bevölkerungsgruppen, GewerkschafterInnen und Intellektuellen in den letzten Jahren zunehmend verschärfte. Es wird versucht, mit Verschwörungstheorien und der Propagierung einer starken Türkei im Sinne osmanischer Tradition das Volk einzuschüchtern und gefügig zu machen. Die populistischen Parolen von einer erstarkten, mächtigen Türkei, die sich von niemandem in ihre Politik reinreden lässt, verfangen bei vielen Menschen. Mit der Gründung regierungstreuer „Gewerkschaften“ einerseits und massenhafter Entlassung und Verfolgung AKP-kritischer Intellektueller, Gewerkschaftsmitglieder und ParlamentarierInnen werden gewerkschaftliche und demokratische Strukturen in der Türkei systematisch zerschlagen. Hinzu kommen Menschenrechtsverletzungen, willkürliche Verhaftungen, Foltermaßnahmen.

Kollege Manuel Raschke von Amnesty International (AI) zeigte einige Möglichkeiten auf, wie wir von Deutschland aus unsere Solidarität mit den demokratischen Kräften und Verfolgten in der Türkei zeigen können. Süleyman Ates (GEW-Bundesausschuss für Migration, Diversity und Antidiskriminierung) berichtete, dass die GEW zusammen mit anderen Gewerkschaften der Bildungsinternationale regelmäßig Delegationen zu den Prozessen gegen GewerkschafterInnen entsendet und dass Ende Februar ein internationales bildungsgewerkschaftliches Treffen in der Türkei geplant ist. Mit Spenden über den Heinrich-Rodenstein-Fonds kann praktische finanzielle Unterstützung gewährleistet werden.

In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden wurde Kritik an der Kanzlerin deutlich, deren Besuch Erdoğans kurz vor dem angekündigten Referendum eher als Unterstützung für ihn eingeschätzt wurde. Zum anderen gab es weitere Vorschläge zur Solidaritätsarbeit, beispielsweise durch Resolutionen und konkrete Forderungen an die wahlkämpfenden PolitikerInnen, in Bündnissen mit anderen demokratischen Organisationen an Bundestags- und EU-Abgeordnete heranzutreten, Patenschaften zu übernehmen, Solidaritätspostkarten über AI oder Briefe zum Nevroz-Fest zu schicken, das in den kurdischen Gebieten am 21. 3. begangen wird.

Leider war die eingeladene Landtagsabgeordnete Serpil Midyatli (SPD) kurzfristig erkrankt, so dass kein Austausch mit der Politikerin möglich war.