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Gleiche Besoldung für gleichwertige Arbeit

GEW präsentiert Gutachten zur Besoldung der Lehrerinnen und Lehrer

Schleswig-Holstein braucht eine Neuregelung der Besoldung für seine Lehrerinnen und Lehrer. Das geht aus einem Gutachten des Kieler Rechtsanwalts Jörg Junge, Fachanwalt für Verwaltungs-recht, hervor, das dieser im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vorgelegt hat.

Gemeinsam mit dem Gutachter stellte der GEW-Landesvorsitzende Matthias Heidn das Gutachten am Donnerstag, 4. Dezember 2014 im Rahmen der Landespressekonferenz vor. „Gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit – Mindestens A 13 für alle!“, forderte er von der Landesregierung.

„Politisch ist die gleiche Bezahlung aller Lehrerinnen und Lehrer längst überfällig. Jetzt bekommen wir mit dem Gutachten auch juristisch stichhaltige Argumente für eine neue, einheitliche Lehrerbesoldung“, sagte Matthias Heidn. „Für die Drei-Klassen-Gesellschaft der Lehrerbesoldung gibt es keine Rechtfertigung. Sie stammt von vorgestern und ist zutiefst ungerecht. Bloß weil Grundschullehrerinnen und –lehrer kleine Kinder unterrichten, Gymnasiallehrerinnen und –lehrer aber größere Kinder und Jugendliche, erlaubt das keine ungleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit. Dies umso weniger, weil alle Lehrerinnen und Lehrer inzwischen ein gleichlanges Studium mit anschließendem gleichlangem Vorbereitungsdienst absolvieren müssen.“

Seit 2007 arbeiten Grund- und Hauptschullehrkräfte mit Sonderschul-, Realschul- und Gymnasiallehrkräften an Gemeinschafts- und Regionalschulen zusammen. Trotz gleicher Tätigkeit erhalten die Grund- und Hauptschullehrkräfte eine geringere Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 12 im Vergleich zu ihren anderen Kolleginnen und Kollegen an den Schulen. Die werden nämlich nach A 13 aufwärts besoldet. Eine Anpassung der bestehenden ungleichen Besoldungsstruktur an die neue Schulwirklichkeit steht immer noch aus.

Aus der juristischen Sicht von Rechtsanwalt Jörg Junge führt an einer Neuregelung der Lehrerbesoldung kein Weg vorbei. „Dabei ist zu beachten, dass es Differenzierungsgründe, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden, nach der hier vorgenommenen Prüfung nicht mehr gibt. Dies betrifft aber nicht nur die künftigen, sondern vor allem auch die seit Jahren im Schuldienst des Landes Schleswig stehenden Lehrkräfte. Es wäre inakzeptabel, diese Lehrkräfte von der Konzeption einer geänderten Besoldung auszuschließen.“

Für den Juristen ergeben sich aus seinem Gutachten folgende konkrete Schlussfolgerungen für die künftige Lehrerbesoldung in Schleswig-Holstein:

  1. Die künftigen Lehrerinnen und Lehrer sind grundsätzlich alle gleich zu besolden.
  2. Die geforderte Ausbildung - unabhängig vom jeweiligen Lehramt - gebietet dem Gesetzgeber die Einordnung aller Lehrerinnen und Lehrer in das zweite Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 (ehemaliger höherer Dienst).
  3. Die neuen Lehrämter (konkret: Grund- und Sekundarschullehrer) lassen Befähigungs-, Anforderungs- und Leistungsunterschiede nicht mehr erkennen, daher ist eine abgestufte Besoldung nicht zu rechtfertigen.
  4. Die bisherigen Lehrerinnen und Lehrer tragen im Schulalltag dieselbe Verantwortung und haben dieselben Leistungen zu erbringen wie die neu ausgebildeten Lehrkräfte, eine unterschiedliche Besoldungsgruppenzuordnung ist daher nicht gerechtfertigt.
  5. Eine Verringerung der Besoldungshöhe ist wegen der qualitätssichernden Funktion des Alimentationsprinzips und wegen der hierfür fehlenden sachlichen Gründe nicht umsetzbar.
  6. Selbst bei  Vorliegen sachlicher Gründe wäre eine Absenkung der Besoldung zwar grundsätzlich zulässig und möglich, in diesem Fall  müsste aber das Besoldungsrecht für alle Beamtinnen und Beamten in Schleswig-Holstein vollumfänglich neu geregelt werden, ohne dass hierbei eine Berufsgruppe herausgenommen wird.

 

In der Vergangenheit seien die beruflichen Anforderungen und Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer ganz oder überwiegend am Niveau der zu vermittelnden Inhalte gemessen worden, so der Gutachter. „Die an Grund- und Hauptschulen tätigen Lehrkräfte wurden hierdurch besoldungsrechtlich, möglicherweise auch gesellschaftlich abgewertet. Die schulische Realität hat sich aber inzwischen gewandelt. Eine Differenzierung nach Bildungsniveau und Ausbildungsziel wurde weitgehend abgeschafft. Vielmehr sind nun gemeinsames Lernen und Heterogenität sowie Inklusion bestimmendes Prinzip der Schulausbildung. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachwidrig, wenn nicht gar willkürlich, auch in Zukunft allein die Frage nach den vermittelten Bildungsinhalten zum Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche Lehrkräftebesoldung zu machen.“

Sachliche Gründe für eine ungleiche Besoldung der Lehrerinnen und Lehrer seien nicht mehr vorhanden. Insofern verlange der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (Grundgesetz) eine Gleichbehandlung und somit eine gleiche Besoldung, erklärte Jörg Junge. Seine Untersuchung habe gezeigt, dass die Lehrkräfte an Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien im Wesentlichen dieselben Anforderungen und Leistungen im Schulalltag zu erfüllen hätten. Auch die Vor- und Ausbildung der Lehrkräfte könne keinen sachlichen Grund (mehr) für eine unterschiedliche laufbahnrechtliche Zuordnung und eine hieraus resultierende ungleiche Besoldung darstellen.

Für die GEW ergebe sich aus dem Gutachten der klare Auftrag, im Engagement für eine gleiche Bezahlung nicht nachzulassen, so Matthias Heidn. „Unsere Kolleginnen und Kollegen in den Schulen warten ungeduldig auf eine gerechtere Besoldung.“ Jetzt sei aber erst einmal die Landesregierung am Zuge. Sie müsse die besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus dem Gutachten ziehen und die Besoldung an die neue Schulwirklichkeit anpassen.

Der GEW-Landesvorsitzende warnte die Landesregierung  davor, einzelne Lehrergruppen gegeneinander auszuspielen. „Irgendwelche Spielchen „Neue gegen Alte“,  „Grundschullehrerinnen- und Grundschullehrer gegen Gemeinschaftsschullehrerinnen und  -lehrer“ oder „Neuordnung der Besoldung gegen Streichung von Beförderungsstellen an Gymnasien, Gemeinschaftsschulen und Beruflichen Schulen werden wir nicht mitmachen.“