Meinungsfreiheit
Fördermittel nur bei Wohlverhalten? GEW kritisiert Bundesbildungsministerin
Die GEW Schleswig-Holstein verurteilt den Vorstoß von Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger, Fördermittel für kritische Hochschullehrer*innen zu streichen. Einen entsprechenden Plan ließ die Ministerin offenbar in ihrem Ministerium prüfen.
Kiel - Die GEW Schleswig-Holstein verurteilt den Vorstoß von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur Streichung von Fördermitteln für kritische Hochschullehrer*innen. Die FDP-Politikerin ließ offenbar in ihrem Ministerium prüfen, ob sie mehr als einhundert Hochschullehrer*innen Fördergelder streichen kann. Der Prüfauftrag umfasste anscheinend auch die Prüfung von straf- und dienstrechtlichen Konsequenzen. Hintergrund: In einem Offenen Brief hatten sich die Wissenschaftler*innen für die Möglichkeit von friedlichem Protest gegen den Gaza-Krieg auf dem Hochschulgelände der Freien Universität Berlin eingesetzt.
Die GEW-Landesvorsitzende Franziska Hense zeigte sich am Mittwoch, 12. Juni 2024 in Kiel bestürzt über die Kompetenzüberschreitung der Bundesbildungsministerin: „Die GEW Schleswig-Holstein nimmt den Vorfall sehr ernst. Sie sichert allen Wissenschaftler*innen, die sich an Hochschulen für Grundrechte engagieren, ihre Solidarität zu. Mit ihrem Einschüchterungsversuch tritt Frau Stark-Watzinger sowohl das Recht auf Wissenschaftsfreiheit als auch das Recht auf Meinungsfreiheit mit Füßen.“ Bei dem Offenen Brief handele es sich um eine durch das Grundgesetz gedeckte Meinungsäußerung, egal wie man zu ihr stehe. Persönlich hätte sich die GEW-Landesvorsitzende in dem Offenen Brief eine klare Positionierung gegen Antisemitismus und Hamas-Terror gewünscht.
Norman Marquardt, im GEW-Landesvorstand für Hochschule und Forschung verantwortlich, hob hervor: „Offenbar besteht in der Politik die Bereitschaft, die Vergabe von Geldern als politisches Druckmittel zu missbrauchen. Das ist in keiner Weise zu akzeptieren. Die Unterzeichner*innen dürfen durch ihr demokratisches Engagement keine Nachteile bei zukünftigen Bewerbungen um Fördermittel erleiden.“
Um die Gefahr von möglichen Nachahmer*innen der Bundesbildungsministerin zu bannen, werde sich die GEW weiterhin dafür einsetzen, die Abhängigkeit der Wissenschaftler*innen von befristet vergebenen Fördermitteln zu reduzieren. Der Weg dorthin sei klar: die Grundfinanzierung der Hochschulen ausbauen und flächendeckend ein Wissenschaftsentfristungsgesetz einführen. „So lassen sich die Hochschulen langfristig gegen Versuche der Einflussnahme von politischen und privaten Akteuren wappnen“, sagte Norman Marquardt.